
Für chaotische Kreativität ist Berlin bei internationalen Besuchern bekannt und durchaus beliebt, aber von wirtschaftlicher oder technologischer Aufbruchstimmung ist nicht mehr viel zu spüren. Mit der Ausrichtung der Expo 2035 – der Exposition Universelle Internationale – soll die deutsche Metropole das Image einer zukunftsgewandten modernen Stadt wieder zurückgewinnen. Den Anstoß dazu gab vor drei Jahren eine gesellschaftliche Initiative unter der Führung des Berliner Tech-Unternehmers und ehemaligen IHK-Präsidenten Daniel-Jan Girl. Ein Interdisziplinäres Konzeptteam aus Architekten und Kreativagenturen hat jetzt erste Entwürfe dafür vorgelegt. Demnach sollte sich eine mögliche Weltausstellung über das gesamte Stadtgebiet verteilen, Wissenschaft, Sport, Wirtschaft und Gesellschaft einbinden und als eine „Ausstellung in Bewegung“ Raum für Ideen schaffen.
Das Konzept sieht laut einer Pressemitteilung der Expo Berlin 2035 GmbH kein klassisches großes Ausstellungsareal vor sondern ein Expo-Areal mit internationalen Länderpavillons und urbanen Satelliten in mehreren Stadtteilen Berlins wie in Tegel, Tempelhof, Marzahn oder am einstigen Sitz des DDR-Rundfunks in Treptow-Köpenick. Jeder dieser Standorte steht für einen thematischen Schwerpunkt, etwa Energie & Mobilität, Kreislaufwirtschaft & Stadtproduktion, digitale Bildung oder Kultur & Kreativität. Dazwischen sollen sogenannte „Kiez-Labs“ entstehen – temporäre und dauerhafte Orte, an denen Berliner Initiativen und Start-ups ihre Ideen für nachhaltiges Leben in der Stadt vorstellen. Die Architektur dieser Orte ist modular, wiederverwendbar und emissionsarm gedacht. Viele Strukturen sollen nach 2035 in andere Nutzungen übergehen können, etwa als Bildungsorte, Werkstätten oder Nachbarschaftshäuser.

Wachstumsschub für die Hauptstadt
Laut Berechnungen der Unternehmensberatung PriceWaterhouseCoopers könnte die Weltausstellung auch ökonomisch erfolgreich sein und 2,1 Milliarden Euro Umsatz generieren sowie einen gesamtwirtschaftlichen Wachstumseffekt im zweistelligen Milliardenbereich bis 2035 auslösen. Die Finanzierung sieht öffentliche Mittel gepaart mit privaten Partnerschaften und internationalen Kooperationen vor. Als erste Gesellschafterin der Expo 2035 Berlin GmbH ist die Industrie- und Handelskammer Berlin mit 250 000 Euro eingestiegen. Bis zum Ende des Jahres will die Projektgesellschaft ein Startkapital von 2,5 Millionen Euro einwerben. Deren Aufsichtsratschef Girl hatte 2022 mit dem Verein Global Goals die Initiative zur Berliner Bewerbung ergriffen. Der Verein sammelte inzwischen nach eigenen Angaben rund 850 Projekte, die an Möglichkeiten zur Umsetzung der 17 UN-Nachhaltigkeitsziele in der Stadt arbeiten. Zum Konzeptteam gehört unter anderem Prof. Lutz Engelke, ein erfolgreicher Gestalter diverser internationaler Messen, Ausstellungen und Events.
Die Expo-Initiatoren wollen an die Tradition der berühmten Berliner Gewerbeausstellung von 1896 anknüpfen. Sie galt damals als Ersatz für eine Weltausstellung, bei der sich Berlin nach Paris und London als moderne europäische Metropole präsentierte. Vorangetrieben wurde sie vor allem von Berliner Kaufleuten. Bis die deutsche Hauptstadt sich allerdings als Gastgeber der Expo 2035 zeigen darf, gilt es noch einige Hürden zu überwinden. Zwar sprachen sich Berlins Wirtschaftsministerin Franziska Giffey (SPD) und der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) für die Expo in ihrer Stadt aus, letzterer sogar in Kombination mit Olympischen Spielen 2036, jedoch muss auch die Bundesregierung noch zustimmen. Sie muss die offizielle Bewerbung beim Bureau International des Expositions in Paris bis Ende 2026 einreichen. Eine Entscheidung wird dann voraussichtlich 2028 fallen. Die letzte deutsche Expo fand 2000 in Hannover statt, grundsätzlich beträgt der Turnus für die Weltausstellungen fünf Jahre. Die erste überhaupt fand 1851 in London statt. gd
Mehr Informationen unter www.expo2035-berlin.com | www.globalgoalsberlin.de