Von Michael Backfisch
Wenn amerikanische Präsidenten früher in den Nahen Osten reisten, hatten sie oft eine strategische Vision im Gepäck. Jimmy Carter trieb Israel und Ägypten 1978 zum Friedensabkommen von Camp David. Bill Clinton startete 1993 den Oslo-Prozess zwischen Israel und der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO). George W. Bush arbeitete sich an der Illusion ab, dass der Sturz Saddam Husseins im Irak 2003 eine Kettenreaktion der Demokratisierung im Nahen Osten auslösen würde. Barack Obama hielt 2009 in Kairo eine Grundsatzrede, „um einen Neuanfang zwischen den Vereinigten Staaten und den Muslimen rund um die Welt zu suchen“.
Donald Trumps derzeitige Reise in den Nahen Osten ist frei von derlei hochfliegenden politischen Ambitionen. Bei den Stopps in den reichen Golfstaaten Saudi-Arabien, Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten folgt der Präsident dem Lockruf der Öl- und Gasdollars. Es geht um Geschäfte für das eigene Land – aber auch für die eigene Tasche.
Dass Trump seine erste reguläre Auslandsreise – wie zu Beginn seiner ersten Amtszeit – an den Golf macht, hat zuallererst kapitalgetriebene Gründe. Die Scheichtümer erzielen zwar Milliardengewinne aus fossilen Energien, bereiten sich aber bereits heute auf die Zeit nach Öl und Gas vor. Sie haben einen gewaltigen Bedarf an Investitionen in erneuerbare Energien, Künstliche Intelligenz, Kernkraft-Technologie, Flugzeuge – und Waffen.
In Saudi-Arabien fädelte Trump den Verkauf von Rüstungsgütern in Höhe von 142 Milliarden Dollar ein. Darüber hinaus will der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman in den kommenden vier Jahren rund 600 Milliarden Dollar in den USA investieren. Die Emirate streben an, innerhalb von zehn Jahren etwa 1,4 Billionen Dollar für Anlagen in Amerika lockerzumachen.
Dass sich Trump als Standortvermarkter seines Landes betätigt, ist ihm nicht anzukreiden. Zu kritisieren ist die Jagd nach Deals in eigener Sache. Der Präsident hatte zwar nach seiner Wahl 2017 die Leitung des Familienunternehmens Trump Organization an seine Söhne Donald Jr. und Eric abgegeben, blieb aber Eigentümer. Das heißt: Von allen Einnahmen profitiert auch er. So soll in der emiratischen Glitzer-Metropole Dubai das erste Trump-Hotel entstehen. Der 80 Stockwerke hohe Wolkenkratzer kostet rund eine Milliarde Dollar und wird von lokalen Partnern gebaut. Das Preisschild für die teuerste Wohneinheit, ein Penthouse, beträgt 20 Millionen Dollar. In Katar soll ein Trump-Golfclub mit mehreren Luxusvillen errichtet werden. In der saudischen Küstenstadt Dschidda ist der Bau eines Trump-Hochhauses für 533 Millionen Dollar geplant.
Das Geschäftsmodell in Nahost funktioniert so: Arabische Firmenpartner der Trump Organization, die entweder dem Staat gehören oder eng mit der Regierung verbandelt sind, stellen das Kapital für den Bau der Hochhäuser, Hotels oder Golfplätze. Die Trump-Familie verkauft ihren Namen und ihre Marke und wird dafür fürstlich bezahlt. Zudem kassiert sie langfristig für das Management der Immobilien. Premiere: Investoren können Wohnraum und Gewerbeflächen im neuen Trump Tower Dubai erstmals auch mit Digitalwährungen erwerben.
Damit erschließt sich die Trump-Familie eine neue Finanzquelle. Die Trump-Söhne Donald Jr. und Eric sind maßgeblich am Management der 2024 gegründeten Kryptowährungsfirma World Liberty Financial beteiligt. Die ersten Millionengeschäfte mit Kryptounternehmen im Nahen Osten wurden bereits abgeschlossen. Kurz vor seiner Vereidigung am 20. Januar führte Präsident Trump eine eigene Kryptowährung "$TRUMP" ein, einen sogenannten Meme-Coin. Der Ansturm war so groß, dass die Gesamtbewertung innerhalb der ersten Stunden auf mehrere Milliarden Dollar anstieg. Die Käufer, die das meiste Geld für die Digitalmünze bieten, köderte Trump mit einem präsidialen Galadinner im Weißen Haus, das am 22. Mai stattfinden soll.
Die Grenzen von politischer Funktion und Privatgeschäft sind fließend. Mit großherzoglicher Nonchalance vermischt Trump seine eigenen wirtschaftlichen Interessen mit dem Amt des Präsidenten und dessen Prestige. Florian Böller vom Heidelberg Center for American Studies (HCA) der Uni Heidelberg bringt es auf den Punkt. „Trumps Aktivitäten erwecken hierbei mehr als nur den Anschein von Korruption, sie brechen eklatant und kaum verhohlen die traditionellen Normen zum Umgang mit finanzieller Transparenz und zur Trennung von privaten und offiziellen Tätigkeiten.“