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US-Bombardement auf Iran ohne Abstimmung mit Europa

Unmittelbar davor zog Irans Botschafter Nili für diplo.news Resümee des Genfer Treffens
June 23, 2025
June 22, 2025
Während sich Europas Außenminister in Genf auf das Gespräch mit dem iranischen Außenminister vorbereiteten, plante US-Präsident Donald Trump bereits das Bombardement iranischer Atomanlagen (Foto: Auswärtiges Amt)

Die US-Angriffe auf den Iran in der Nacht zum Sonntag erfolgten unmittelbar nach den Bemühungen der Europäer, die Nukleargespräche wieder in Gang zu bringen. Während diese ihre Genfer Initiative mit den USA „eng abgestimmt“ hatten, ignorierten die USA umgekehrt die Europäer offenbar komplett. Nicht einmal Bundeskanzler Friedrich Merz war vorab informiert worden. Die US-Regierung meldete sich erst nach den Schlägen. 

Merz berief Sicherheitskabinett ein

Merz berief Sonntag Morgen das Sicherheitskabinett der Bundesregierung ein. Laut Regierungssprecher Stefan Kornelius bekräftigte der Kanzler die Aufforderung an den Iran, "sofort Verhandlungen mit den USA und Israel aufzunehmen und zu einer diplomatischen Lösung des Konflikts zu kommen“. Noch am Freitag abend hatte Außenminister Johann Wadephul (CDU) zusammen mit seinen Kollegen aus Frankreich und Großbritannien (E3) sowie der Hohen Vertreterin der Europäischen Union, Kaja Kallas, in Genf mit dem iranischen Außenminister Abbas Araghtschi über Dialoglösungen gesprochen. Dazu drangen von westlicher Seite wenig Informationen an die Öffentlichkeit.

Auf Anfrage von diplo.news äußerte sich jedoch Irans Botschafter in Deutschland, Majid Nili, zu dem Treffen, an dem er persönlich teilgenommen hatte. 

Majid Nili, Irans Botschafter in Deutschland (Foto: diplo.news)

Nur wenige Stunden vor der US-Bombardierung auf iranische Atomanlagen teilte Nili mit, sein Land sei bereit für ein „erneutes Treffen in naher Zukunft“. 

Der Botschafter bezeichnete die Gespräche als „ernsthaft und offen“. Er unterstrich, dass der iranische Außenminister Abbas Araghtschi „ernste Besorgnis“ der Islamischen Republik Iran zum Ausdruck gebracht habe, weil eine „Verurteilung des aggressiven Vorgehens des zionistischen Regimes durch die drei europäischen Staaten“ ausgeblieben sei.

Der Diplomat zitierte seinen Außenminister, der betont habe, dass Iran sein legitimes Recht auf Selbstverteidigung gegen Israel mit Entschlossenheit und Nachdruck fortsetzen werde – „mit dem Ziel, die Angriffe zu stoppen und deren Wiederholung zu verhindern“. Er habe auch unterstrichen, dass das iranische Nuklearprogramm friedlicher Natur sei und unter Aufsicht der Internationalen Atomenergie-Organisation stehe. Ein Angriff auf Irans Nuklearanlagen sei daher ein schweres Verbrechen und stelle einen eklatanten Verstoß gegen das Völkerrecht dar. 

Araghtschi versicherte laut Nili während des Genfer Gesprächs dennoch, dass Iran „grundsätzlich bereit ist, diplomatische Wege in Betracht zu ziehen – im Falle der Beendigung der Aggression und der Rechenschaftspflicht der Täter für ihre begangenen Verbrechen“. Irans Verteidigungsfähigkeiten seien aber auf keinen Fall verhandelbar. 

„Enge Abstimmung“ einseitig 

Nach Darstellung des Auswärtigen Amts hatte die Begegnung in der Schweiz das Ziel, wieder in ernsthafte Verhandlungen einzusteigen, um zu verhindern, dass Iran in den Besitz einer Atomwaffe gelange. Die diplomatische Initiative der E3 sei eng mit den USA abgestimmt gewesen. Der amerikanische Eintritt in den Krieg gegen den Iran erfolgte indes ohne Vorankündigung an die europäischen Partner.

Der Iran beantragte eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats mit dem Ziel, das Vorgehen der USA gegen den Iran zu verurteilen. Die iranische UN-Vertretung kritisierte das Bombardement der USA als "grundlose und vorsätzlich geplante Aggression".

ekö