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Brüssel fördert Finanzbildung für EU-Bürger

diplo.news im Gespräch mit Österreichs Finanzstaatssekretärin Barbara Eibinger-Miedl: Österreich ist Vorreiter und spürt Rückenwind durch die EU-Strategie
October 8, 2025
October 6, 2025
Ernstes Thema, gute Laune: Finanzstaatssekretärin Barbara Eibinger-Miedl in Begleitung von Elisabeth Riederer, der Gesandten der österreichischen Botschaft in Berlin, und Marco Achhorner, Referent für Politik und Wirtschaft (v.l.n.r.) (Foto: Österr. Botschaft)

Die Europäer sollen in Finanzfragen künftig besser Bescheid wissen. Die Europäische Kommission stellte vor kurzem in Brüssel die erste EU-Finanzbildungsstrategie vor, die das Wissen um Geld zum europäischen Schlüsselthema machen möchte. Finanzkompetenz wird als zentrale gesellschaftspolitische Aufgabe gesehen; digitale Finanzprodukte, Kapitalmärkte und private Vorsorge sollen Grundlage für Eigenverantwortung und Teilhabe sein.

 

Die neue EU-Finanzbildungsstrategie sieht Österreichs Finanzstaatsekretärin Barbara Eibinger-Miedl als „Rückenwind“ für die österreichischen Finanzbildungsmaßnahmen ,wie sie auf ihrem Besuch in Berlin betonte. Mit seiner Finanzbildungsstrategie nimmt Österreich in Europa eine Vorreiterrolle in Europa ein. In Österreich gibt es die „Nationale Finanzbildungsstrategie" schon seit 2021. Sie umfasst mehr als 180 Projekte für Jugendliche, Frauen, Lehrlinge, Klein- und Mittelbetriebe sowie Konsumenten.

 

 

Europäische Lösungen gegen die US-Dominanz

 

Nach Ansicht von Eibinger-Miedl sei der Finanzmarkt noch von den USA dominiert. „Wir arbeiten daran, dass wir weniger von den USA abhängig sind, sondern in den nächsten Jahren mehr europäische Lösungen haben“, sagte die Finanzstaatssekretärin.

 

Geld anzulegen sei in Europa, besonders in Österreich, noch unterentwickelt. In den USA legten, so Eibinger-Miedl, siebzig Prozent der Menschen auf dem Kapitalmarkt an, nur dreißig Prozent würden sparen. In Österreich sei es genau umgekehrt: Siebzig Prozent bevorzugen das klassische Sparkonto, nur dreißig Prozent machten Anlagen auf dem Kapitalmarkt. „Mit der EU-Strategie soll das Potenzial von privatem Kapital für große Investitionen gehoben werden.“

 

 

Finanz-"Botschafter" in allen EU-Ländern

 

Nur 18 Prozent der Europäer haben höheres Level an Finanzwissen. „Das ist ausbaufähig“, betonte die Staatssekretärin. Das gilt auch regional: In Österreich konzentrieren sich die Finanzbildungsangebote in und um Wien, aber noch viel zu wenig in den Bundesländern.

 

Österreich sei eines der ersten Länder der EU, das frühzeitig eine Nationale Finanzbildungsstrategie gegründet habe. Eibinger-Miedl unterstrich, dass in der aktuellen österreichischen Dreier-Koalition alle drei Parteien (ÖVP, SPÖ, Neos) beim Thema Finanzbildung gleichermaßen hohes Interesse und großes Engagement zeigten.

 

Die Politikerin besuchte auch zwei österreichische Finanzunternehmen: die Online-Bank N26 und fiskaly (Foto: fiskaly)

Europaweit solle die Finanzbildung an Hand von Best-Practice-Beispielen koordiniert werden. Um das Thema besser zu kommunizieren, soll es im ganzen Kontinent eine Kampagne und eine Reihe von Veranstaltungen geben. In allen Mitgliedsstaaten soll es dafür „Botschafter“ eingesetzt werden. In den bisher sieben Monaten ihrer Amtszeit habe sie bei Stakeholdern aus dem Banken- und Versicherungsbereich, aber auch bei jungen Menschen großes Interesse am Thema gesehen.

 

 

„Deutschland ist noch nicht so weit“

 

In einem früheren und ihrem jetzigen Gespräch in Deutschland habe sie den Eindruck, man beneide Österreich für seine Vorreiterrolle. In Berlin ortete sie großes Interesse an den österreichischen Erfahrungen. Deutschland sei noch nicht so weit, außerdem sei das Thema Finanzbildung nicht im aktuellen Regierungsprogramm der Großen Koalition verankert. Zudem mache es der deutsche Föderalismus – die Bildungskompetenz liegt bei den Bundesländern – nicht leichter.

 

Eibinger-Miedl kündigte Überlegungen an, die Veranlagungen auf dem Kapitalmarkt zu unterstützen, etwa mit steuerlichen Begünstigungen und mit kombinierten Spar- und Anlagekonten, die den Einstieg erleichtern sollen.

 

Für die österreichische Strategie, die von 2021 bis 2026 gilt, gab Eibinger-Miedl bereits eine Nachfolgestrategie ab 2027 in Auftrag. Sie wolle „alles daransetzen, dass Österreich auch in Zukunft seine Vorreiterrolle in der Finanzbildung behauptet“, betonte die ÖVP-Politikerin. Die Schwerpunkte der kommenden Jahre sollen auf Kapitalmarktkompetenz, Altersvorsorge für junge Menschen, Schutz im digitalen Raum sowie spezielle Angebote für Zielgruppen, besonders für Frauen, liegen.

 

ekö