
Nato-Generalsekretär Mark Rutte hat auf Tempo bei den Verteidigungsanstrengungen der Bündnisstaaten gedrängt. Noch zuviele hätten die Dringlichkeit der Lage nicht erkannt, sagte Rutte bei einer Veranstaltung der Münchner Sicherheitskonferenz in Berlin. "Die Zeit zum Handeln ist jetzt." Dabei stellte der Niederländer Russland als die Hauptgefahr dar. Alleine die Tatsache, dass Wladimir Putin nicht nur die Ukraine zerstöre, sondern auch bereit sei, 1,1 Millionen eigene Bürger seit Beginn des Krieges "wegen irgendeiner verrückten historischen Idee" zu opfern, sei Anlass genug zur höchsten Wachsamkeit. Wenn man Putin gewähren lasse, werde er weitermachen. Laut Rutte bombardierte Russland alleine in diesem Jahr die Ukraine mit 46 000 Drohnen.
Hinsichtlich der Frage, ob es bis Weihnachten schon ein Friedensabkommen zwischen der Ukraine und Russland geben könne, zeigte sich Rutte ebenso wie der deutsche Außenminister Johann Wadephul (CDU) zurückhaltend. Die Amerikaner arbeiteten unermüdlich daran, so der frühere niederländische Regierungschef, aber es müssten am Ende auch Sicherheitsgarantien für die Ukraine dabei herauskommen, die Putin klar machten, dass jeder neue Angriff verheerende Folgen haben werde. Wadephul meinte, es wäre natürlich großartig, wenn bis Weihnachten eine Lösung gefunden werde, aber diese müsse nachhaltig sein, und verwies auf die Erfahrungen nach dem Ersten Weltkrieg, als der damalige Friedensvertrag der Weimarer Republik eine schwere Bürde - unter anderem mit großen Gebietsverlusten - auflastete und letztlich auch die Grundlage für den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs schuf.
Rutte lobte die "außerordentlichen" Verteidigungsanstrengungen Deutschlands und die Stationierung von Truppen in Osteuropa. Dessen Führung im Verteidigungsbereich sei essentiell, Deutschland sei für die Nato-Verbündeten ein Vorbild. Europa strenge sich an, die Nato sei inzwischen in einer besseren Lage. "Die Nato als Allianz ist absolut präsent und wichtig." Und das sei auch im Interesse der USA. Diese könne nicht ohne die Arktis, einen sicheren Atlantik oder ein sicheres Europa verteidigt werden, und das wiederum gehe nicht ohne die Nato. Das wüssten sehr wohl auch die Experten im Weißen Haus, im Pentagon und im Außenministerium. Die USA seien schließlich auch Mitglied der Nato im Interesse der eigenen unmittelbaren SIcherheit.
Auch in der neuen Nationalen Sicherheitsstrategie bekenne sich die USA klar zur europäischen SIcherheit, betonte er. Bei seinem ersten Treffen mit Donald Trump in Washington in diesem Jahr habe ihn der Präsident explizit darum gebeten, auch den Indopazifik im Blick zu behalten, weil er genau wisse, dass die beiden Schauplätze Euro-Atlantik und Indo-Pazifik eng miteinander verbunden seien.
Außenminister Wadephul mahnte angesichts der Aufregung um kritische Aussagen zu Europa in der neuen US-Sicherheitsstrategie, man soll nicht etwas in Frage stellen, was in Washington selber nieimand in Frage stelle. Im übrigen habe der 28-Punkte-Plan, den die USA zur Lösung des Ukraine-Konflikts vorgelegt habe, gezeigt, dass man so etwas verändern und eine gemeinsame Grundlage für Gespräche finden könne. Inzwischen liegt angebblich ein 20-Punkte-Plan der Ukraine vor, an dem die Europäer wesentlich mitgewirkt haben. gd