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Wadephul: Es fomiert sich zunehmend ein russisch-chinesischer Block

Vor seiner ersten Chinareise kritisiert Außenminister Johann Wadephul die chinesische Führung mit klaren Worten - und bietet gleichzeitig bessere Zusammenarbeit an
October 15, 2025
October 15, 2025
Shogo Akagawa, Journalist der japanischen Wirtschaftszeitung Nihon Keizai Shimbun, interviewt Bundesaußenminister Johann Wadephul im Japanisch-Deutschen Zentrum Berlin (Foto: Dometeit)

China entwickelt sich nach den Worten von Bundesaußenminister Johann Wadephul mehr und mehr von einem Partner und Wettbewerber zu einem systemischen Rivalen. Es tue so, als sei es für Multilateralismus, handele dem aber faktisch zuwider, indem es Nordkoreas Sanktionsumgehungen toleriere, das Seevölkerrecht im Südchinesischen Meer ignoriere und die russische Aggression gegen die Ukraine unterstütze, auch um eigene hegemoniale Bestrebungen zu rechtfertigen.  „Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass China seine großen Möglichkeiten, den Ukrainekrieg zu stoppen, nicht wahrnimmt“, sagte der CDU-Politiker bei einer Veranstaltung des Japanisch-Deutschen Zentrums (jdzb) in Berlin am Dienstag abend. Diese Probleme wolle er bei seinem bevorstehenden ersten China-Besuch offen ansprechen. Die Reise ist dem Vernehmen nach für Ende Oktober geplant.

 

China und Russland versuchten, die auf dem Völkerrecht basierende internationale Ordnung umzuschreiben, betonte Wadephul. Russland teste die Entschlossenheit des Westens in der Nato und bedrohe ihn direkt, indem es dessen Luftraum verletze, die Infrastruktur ausspähe und durch Stimmungsmache versuche, den demokratischen Diskurs zu vergiften.

Gleichwohl betonte der Außenminister die Bereitschaft zu einer besseren Kooperation mit China.  „Wir haben keine systemische Rivalität gesucht, China sucht sie, bedauerlicherweise.“  Man erwarte aber, dass China sich der UN-Charta gemäß verhalte, die es schließlich selber mitformuliert und institutionalisiert habe. Und Deutschland lege Wert auf gleiche Zugangsmöglichkeiten zum chinesischen Markt wie umgekehrt. Weder Japan noch Deutschland könnten sich aufgrund ihrer engen wirtschaftlichen Beziehungen zum Reich der Mitte eine Abkopplung, ein Decoupling, erlauben. Und das sei auch nicht Deutschlands Absicht. Man könne in einigen Bereichen mit Peking gut zusammenarbeiten und bezeichne es daher auch als Partner, in anderen sei es Wettbewerber.

 

Die Sicherheit in Europa und die Sicherheit im Indopazifik seien eng miteinander verknüpft, erklärte Deutschlands Chefdiplomat. An der westlichen bzw. östlichen Flanke Japans und Deutschlands formiere sich zunehmend ein Block aus Russland und China. Der enorme Aufwuchs der chinesischen Präsenz in den Gewässern um Japan sowie das robuste militärische Auftreten in der Straße von Taiwan stelle nicht nur eine Bedrohung für die Sicherheit im Indopazifik dar, sondern untergrabe auch die internationale regelbasierte Ordnung. Russlands Angriffskrieg in der Ukraine betreffe nicht nur die europäische Sicherheitsordnung, sondern auch die indopazifische Sicherheitsarchitektur. Schließlich seien es auch nordkoreanische Waffen und Truppen sowie Chinas entscheidende Unterstützung, die Russlands Kriegsmaschinerie am Laufen hielten. Dem russisch-chinesischen Block müssten sich Japan und Deutschland gemeinsam weiterhin entgegenstellen.

Japan habe sich bereits mit zwölf Milliarden Euro an der Unterstützung der Ukraine beteiligt, die deutsche Marine und die Luftwaffe seien im Indopazifik aktiv. Und indem Deutschland die Ukraine unterstütze, trage es auch dazu bei, dass in der Straße von Taiwan nichts mit Gewalt geschehe, sondern der Status quo erhalten bleibe. China betrachtet Taiwan als abtrünnige Insel und Teil Festland-Chinas. Für den Fall einer formalen Unabhängigkeitserklärung droht Peking mit militärischen Schritten.  

 

Wadephul hob die ähnlichen Sichtweisen, Werte, Ziele und Kooperationsmöglichkeiten mit Japan hervor, das er im August als erstes Land Asiens in seiner Amtszeit besucht hatte. „Und das war durchaus als politische Message gedacht.“ Beide träten für Demokratie, die regelbasierte Ordnung, territoriale Unversehrtheit, für offene Märkte und faire Wettbewerbsbedingungen ein. Japan sei Deutschlands zweitgrößter Handelspartner in Asien und im Pazifik und eine Inspiration für Innovation. Besonders in strategischen Bereichen wie der Versorgung mit Halbleitern und sicherer Telekommunikation wollten beide Länder noch enger zusammenarbeiten. Auch seine Familie fühle sich Japan sehr verbunden, die drei Töchter unterhielten seit der Teilnahme an einem Schüleraustausch langjährige Freundschaften in Japan.

 

Im kommenden Frühjahr finden die 2023 begonnenen gemeinsamen Regierungskonsultationen wieder statt, die wegen der Neubildung der Regierung verschoben worden waren. Das Japanisch-Deutsche Zentrum Berlin feiert in diesem Jahr 40-jähriges Bestehen. Es wurde 1985 auf Initiative der Regierungschefs Yasuhiro Nakasone und Helmut Kohl als gemeinnützige Stiftung gegründet.  

gd