Bundeskanzleramt
Kanzler Friedrich Merz (CDU) will ein Regierungschef mit besonderem Fokus auf die Außenpolitik sein wie etwa vor ihm Helmut Schmidt (SPD) oder Angela Merkel (CDU). Deutschland soll wirtschaftlich und sicherheitspolitisch wieder Führung in Europa zeigen, mit der „German vote“ , berüchtigt in den Brüsseler EU-Institutionen als unentschiedene Haltung der Deutschen, möglichst Schluss sein. Eines seiner Ziele ist es, das Weimarer Dreieck mit Frankreich und Polen zu beleben. Merz hält an dem Grundsatz seiner einstigen innerparteilichen Gegnerin Merkel fest, dass die Sicherheit Israels deutsche Staatsräson sei. Allerdings änderte er seit Amtsantritt den Ton gegenüber Israel und kritisierte das Vorgehen gegen die palästinensische Zivilbevölkerung im Gazastreifen. Außenpolitische Erfahrungen sammelte Merz als Abgeordneter des EU-Parlaments. 2009 zog sich der heute 69-Jährige aus der Politik zurück und arbeitete in der Privatwirtschaft, u.a. als Aufsichtsratschef des deutschen Ablegers der weltgrößten Vermögensverwaltung Blackrock.
Thorsten Frei (CDU), Chef des Kanzleramts und Bundesminister für besondere Aufgaben - Der Jurist besetzt eine Schlüsselposition in der neuen Bundesregierung, er ist so etwas wie der Cheferklärer, zuständig für alle Themen. Seit 2013 ist Frei Abgeordneter des Bundestages – er holte seitdem stets das Direktmandat in seinem baden-württembergischen Wahlkreis. Mehrere Jahre gehörte er dem Auswärtigen und dem Europaausschuss an. In der Asyldebatte tritt der 52-Jährige für eine klare Begrenzung der Migration ein.
Günter Sautter, Außenpolitischer Berater - Der Spitzendiplomat beriet Ex-Außenministerin Annalena Baerbock (B90/Die Grünen) als Politischer Direktor in außen- und sicherheitspolitischen Fragen. Zuvor leitete er die Abteilung für Internationale Ordnung, Vereinte Nationen und Rüstungskontrolle im Auswärtigen Amt und war Beauftragter der Bundesregierung für Fragen der Abrüstung und Rüstungskontrolle. Im Kanzleramt hat er die wichtige Abteilung 2 übernommen und berät den Kanzler in außen-, sicherheits- und entwicklungspolitischen Themen.
Michael Clauß, Europapolitischer Berater – Als junger Diplomat gehörte Clauß ab 1990 dem Krisenstab der Bundesregierung während des Zweiten Golfkrieges an. Danach sammelte er Erfahrungen unter anderem an der deutschen Botschaft in Tel Aviv. Von 2018 bis 2023 war er Botschafter in China. Über besondere Expertise verfügt der 63-Jährige in europäischen Angelegenheiten, die er als Leiter der Europäischen Abteilung im Auswärtigen Amt und in seiner fast siebenjährigen Zeit als Deutschlands EU-Vertreter in Brüssel gewann. In diese Zeit fiel unter anderem die Bewältigung der Folgen des Brexits.
Jacob Schrot, Leiter Kanzlerbüro und Stabsstelle Nationaler Sicherheitsrat - Der 35-jährige politische Shootingstar gehört nun zum inneren Zirkel der Macht, er kann in seinen Funktionen nicht nur beeinflussen, wer Zugang zum Kanzler hat sondern auch wie die künftigen strategischen Planungen in der Außen- und Sicherheitspolitik aussehen. Für Friedrich Merz arbeitete er bereits als Chef des Stabes, als dieser der CDU/CSU-Fraktion vorstand. Schrot sammelte Auslandserfahrungen während eines Forschungsaufenthalts in Washington, in dem er für einen demokratischen Kongressabgeordneten und den German Marshall Fund arbeitete. Er gründete die Initiative junger Transatlantiker.
Auswärtiges Amt
Außenminister Johann Wadephul (CDU) – Deutschlands Chefdiplomat ist Oberstleutnant der Reserve und hat eine besondere Affinität zu verteidigungspolitischen Fragen. Mit einer größeren Delegation deutscher Rüstungsfirmen besuchte er gerade die Ukraine und besiegelte eine intensivere rüstungspolitische Zusammenarbeit. Der 62-jährige Jurist war seit 2018 als Vizevorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Außenpolitik und Verteidigung zuständig. Vor seiner Bundestagszeit gehörte er dem schleswig-holsteinischen Landtag an. Gegenüber Russland vertritt er eine harte Linie mit weiteren Sanktionen, betont aber, dass eine Lösung des Konflikts am Ende nur durch Verhandlungen und nicht auf dem Schlachtfeld erreicht werden könne. Ebenso macht er sich stark für Verhandlungen mit dem Iran unter Beteiligung der Europäer.
Serap Güler (CDU), Staatsministerin – Bei dem einstigen Integrationsminister Armin Laschet (CDU) in Nordrhein-Westfalen sammelte sie als Referentin, später als Staatssekretärin für Integration im Familienministerium des bevölkerungsreichsten Bundeslandes Regierungserfahrung. Güler ist die erste türkischstämmige Bundestagsabgeordnete der CDU (seit 2021), die Muslimin sprach sich für ein Kopftuchverbot für Mädchen unter 14 Jahren aus und befürwortete die doppelte Staatsbürgerschaft, die in Deutschland inzwischen möglich ist. Sie ist im Amt unter anderem für den afrikanischen Kontinent zuständig.
Florian Hahn (CSU), Staatsminister – Bis zu seiner Ernennung war Hahn vier Jahre lang verteidigungspolitischer Sprecher seiner Fraktion. Er tritt für eine schnelle Wiedereinführung der Wehrpflicht angesichts einer seiner Meinung nach dramatisch veränderten Bedrohungslage durch Russland ein und die Stärkung eigener deutscher und europäischer Verteidigungsfähigkeiten. Unter die Ägide des Marketing-Fachwirts fallen im AA unter anderem die Abteilungen UN und Rüstungskontrolle, Klimaaußenpolitik und Geoökonomie.
Gunther Krichbaum (CDU), Staatsminister – Er gilt als ausgewiesener Experte für Europapolitik und ist dafür auch im Auswärtigen Amt zuständig. Der Jurist ist zugleich Beauftragter der Bundesregierung für die deutsch-französische Zusammenarbeit. Seit rund 20 Jahren beschäftigt sich Krichbaum mit europapolitischen Themen - als Vorsitzender des Europa-Ausschusses im Bundestag sowie der deutsch-französischen Parlamentariergruppe und als europapolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
Bernhard Kotsch, Staatssekretär – Im Gegensatz zu den politischen Besetzungen der Staatsministerposten stammt Kotsch aus dem diplomatischen Dienst - mit Einsätzen als Botschafter auf Malta undi m Vatikan sowie an den deutschen Vertretungen in Dakar und Skopje. Der promovierte Politikwissenschaftler hat zudem ausgiebige Erfahrung im Kanzleramt gesammelt: Zehn Jahre lang arbeitete er als Vize-Chef des Merkel-Büros, anschließend bis 2021 als Koordinator der Nachrichtendienste. Die Staatssekretäre vertreten den Außenminister als ranghöchste Beamte in der Leitung des Auswärtigen Dienstes und sind für die Auslandsvertretungen zuständig.
Geza Andreas von Geyr, Staatssekretär – Auch von Geyr ist ein sogenannter Karrierediplomat, war bis zu seiner Ernennung Deutschlands Vertreter bei der Nato und Botschafter in Moskau. Während seines Moskauer Aufenthaltes marschierte die russische Armee im Februar 2022 in die Ukraine ein. Der 63-Jährige mit österreichisch-ungarischen Wurzeln hat zeitweise in der Unionsfraktion mitgearbeitet, und diente zudem in anderen Ministerien und Regierungsinstitutionen, so als Vize-Präsident des Bundesnachrichtendienstes und als Abteilungsleiter Politik im Verteidigungsministerium.
Oliver Linz, Leiter Planungsstab – Er stammt aus der CDU/CSU-Fraktion und war dort ein enger Mitarbeiter von Wadephul. Auch Linz hat einen sicherheitspolitischen Hintergrund. Der Planungsstab analysiert die mittel- und langfristigen außenpolitischen Entwicklungen – auch mit Hilfe wissenschaftlicher und beratender Einrichtungen und erarbeitet Strategien.
Bundesverteidigungsministerium
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) - Der Sozialdemokrat bekleidete das gleiche Amt bereits unter der rot-schwarz-grünen Vorgängerregierung. Er gehört zu den beliebtesten Politikern in Deutschland. Pistorius macht sich für eine Zeitenwende in der deutschen Sicherheitspolitik stark, von ihm stammt der Satz, Deutschland müsse kriegstüchtig werden. Er will zum Jahreswechsel einen Wehrdienst auf freiwilliger Basis einführen und damit bis 2029 rund 114 000 neue Rekruten gewinnen. Die Bundeswehr soll von jetzt 182 000 auf 260 000 aktive Soldaten und 200 000 Reservisten wachsen.
Nils Schmid (SPD), Parlamentarischer Staatssekretär – Einst Finanz- und Wirtschaftsminister sowie Vize-Ministerpräsident in Baden-Württemberg gehört Schmid seit 2017 dem Bundestag an und ist seit 2018 außenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. Seit 2021 ist er Mitglied im Auswärtigen Ausschuss und seit 2022 hat er den Co-Vorsitz in der deutsch-französischen Parlamentarierversammlung. Parlamentarische Staatssekretäre können ihren Minister im Bundestag vertreten und müssen im Gegensatz zu den beamteten Staatssekretären dem Minister folgen, wenn er aus dem Amt scheidet.
Sebastian Hartmann (SPD), Parlamentarischer Staatssekretär – Der 48-Jährige stammt aus Nordrhein-Westfalen und sammelte dort kommunalpolitische Erfahrungen. Er dürfte vor allem seine Expertise zur inneren Sicherheit einbringen. Seit 2013 ist er Mitglied des Bundestages, war zehn Jahre Mitglied des Innenausschusses, seit 2021 innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion und Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums, das die Nachrichtendienste beaufsichtigt.
Jens Plötner, Staatssekretär – Verteidigungsminister Pistorius berief den ehemaligen außen- und sicherheitspolitischen Berater von Ex-Kanzler Olaf Scholz zum Staatssekretär für Rüstung und Innovation. Der 57-jährige Diplomat soll die Beschaffungsprozesse beschleunigen, europäische Rüstungsprojekte und die Integration neuer Technologien voranbringen. Damit ist er für eine der wichtigsten Aufgaben im Ministerium verantwortlich. Seine Ernennung war umstritten: Kritiker werfen ihm vor, für eine zu zögerliche Ukrainepolitik in der vorigen Regierungsperiode verantwortlich zu sein.
Nils Hilmer, Staatssekretär – Der 44-Jährige gehört zum Kreis der Vertrauten von Pistorius aus niedersächsischen Tagen, leitete unter anderem dessen Büro, als dieser Innenminister in Hannover wurde. Mit ihm wechselte er 2023 ins Verteidigungsministerium. Hilmer vertritt den Minister in der Funktion als Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt, zudem leitet er als Amtschef die Verwaltung.
Jan Stöß, Staatssekretär – Der ehemalige Richter besetzt die zusätzlich geschaffene Stelle eines dritten Staatssekretärs. Er leitete seit 2022 die Rechtsabteilung im Ministerium und war nach Angaben der Behörde an entscheidenden Projekten zu Prozess- und Strukturverbesserungen beteiligt. Stöß wollte ursprünglich in der Berliner Landespolitik Karriere machen. 2012 löste er Michael Müller als SPD-Parteichef ab. Danach auch Regierender Bürgermeister zu werden, gelang ihm allerdings nicht.
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Reem Alabali Radovan (SPD), Entwicklungsministerin – Die Wurzeln der 35-Jährigen liegen im Irak, ihre Eltern gehörten dort der christlichen Minderheit an. Sie machte eine politische Blitzkarriere: Nach dem SPD-Eintritt 2021 zog sie kurz darauf per Direktmandat in den Bundestag ein und wurde anschließend zur Staatsministerin und Beauftragten für Migration, Flüchtlinge und Integration im Kanzleramt unter Olaf Scholz ernannt. Ihr jetziges Ministerium muss mit Kürzungen von rund einer Milliarde Euro zurecht kommen, bei den Koalitionsverhandlungen drohte es sogar ganz eingespart zu werden. Die Politikwissenschaftlerin will künftig mehr auf die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft setzen.
Johann Saathoff (SPD), Parlamentarischer Staatssekretär – Das Amt eines Parlamentarischen Staatssekretärs führte der 57-Jährige bereits im Innen- und im Justizministerium. Seit 2013 hat Saathoff seinen Bundestagswahlkreis Aurich-Emden in Folge direkt gewonnen. Er gehörte mehrere Jahre den Ausschüssen für Ernährung und Landwirtschaft sowie für Wirtschaft und Energie an.
Bärbel Kofler (SPD), Parlamentarische Staatssekretärin – Sie steht für Kontinuität im Ministerium, schon unter der Vorgänger-Ministerin Svenja Schulze war Kofler Staatssekretärin. Als entwicklungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion und Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und humanitäre Hilfe sammelte sie zudem reichliche Erfahrung in der Entwicklungshilfe.
Niels Annen (SPD), Staatssekretär – Auch er diente – allerdings als Parlamentarischer Staatssekretär - bereits Alabali Radovans Vorgängerin. Zur Bundestagswahl 2025 trat er jedoch nicht wieder in seinem Hamburger Wahlkreis an. Im Parlament beschäftigte sich der 51-Jährige mit dem deutschen Engagement in Afghanistan und mit dem Nahen Osten. Unter dem früheren Außenminister Heiko Maas diente Annen als Staatsminister. Im Juni bestätigte ihn der Aufsichtsrat der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) als ihren Vorsitzenden.
Bundestag, Ausschussvorsitzende
Auswärtiger Ausschuss, Armin Laschet (CDU) - Der frühere Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen war sechs Jahre lang Mitglied des EU-Parlaments. Das außen-und europapolitische Interesse, sagte er anlässlich seiner Kanzlerkandidatur 2021, habe einst Helmut Kohl geweckt. Laschet sieht sich als Realpolitiker, der sich noch vor Beginn des Ukrainekriegs für die Sicherung der deutschen Gasversorgung durch das inzwischen gestoppte deutsch-russische Pipeline-Projekt Nordstream II einsetzte. Am Herzen liegen ihm enge deutsch-französische Beziehungen. Im Iran-Israel-Konflikt beklagte der CDU-Politiker den „völligen Ausfall“ der Europäer und das schwache Auftreten der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas, die sich offenbar nur um die Ukraine kümmere.
Europa-Ausschuss, Anton Hofreiter (B90/Die Grünen) – Der Biologe leitet seit 2021 den Europaausschuss, wobei der Schwerpunkt seiner über 20jährigen Tätigkeit als Abgeordneter eher auf dem Kampf für eine ökologische Landwirtschaft lag. Er wäre gerne Landwirtschaftsminister geworden. Gegenüber Russland vertrat der Bayer früh eine harte Linie mit scharfen Sanktionen, konsequenten Waffenlieferungen an die Ukraine und der Möglichkeit, auch russisches Territorium anzugreifen. Auch befürwortet er erhebliche Ausgabensteigerungen für die Verteidigung. Die Bundesregierung kritisiert er wegen ihres harten Migrationskurses.
Verteidigungsausschuss, Thomas Röwekamp (CDU) – Er leitet mit dem 38-köpfigen Verteidigungsausschuss eines der wichtigsten Gremien des Bundestages, war auch in der vorigen Legislaturperiode dessen Mitglied. Es ist das erste Mal nach 27 Jahren, dass die CDU dort wieder den Vorsitz führt. Der Bremer Jurist hält den geplanten freiwilligen Wehrdienst für unzureichend und sozial ungerecht und plädiert für eine allgemeine Wehrpflicht für alle.
Entwicklungsausschuss, Wolfgang Stefinger (CSU) – 2025 holte Stefinger zum vierten Mal bei einer Bundestagswahl das Direktmandat in München-Ost. Dem Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit gehörte er schon seit 2017 an, zuletzt als Obmann der CSU-Landesgruppe. Der 40-jährige Betriebswirt kritisiert die von Ex-Außenministerin Baerbock proklamierte feministische Außenpolitik. Statt ideologisierter Angebote und erhobenem Zeigefinger hält er wirtschaftliche, an Effizienz orientierte Entwicklungsarbeit für sinnvoller.
Nationaler Sicherheitsrat – Er ist im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD vorgesehen, um künftig schneller auf innen- und außenpolitische Krisen reagieren zu können. Die Details des neuen Gremiums, das an die Stelle des machtlosen Bundessicherheitsrates treten soll, stehen jedoch noch nicht fest. Die Vorbereitungen laufen, im Frühherbst könnten erste Ergebnisse vorliegen. Bis dahin muss geklärt werden, welche Kompetenzen der Sicherheitsrat bekommt und wer dort Mitglied wird, ob nur Beamte des Auswärtigen Amtes und der Sicherheitsbehörden oder auch externe Berater. Laut Politico war in einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums an den Haushaltsausschuss des Bundestages von 13 Stellen für die Stabsstelle im Kanzleramt die Rede. Der Haushalt 2025 wird allerdings erst Mitte September verabschiedet. (gd)
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