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Japans Botschafter Yanagi Hidenao verlässt Berlin

"Deutschland war lange Zeit an China mehr interessiert als an Japan"
Autor:
Ewald König
/
November 14, 2024
September 30, 2024
Botschafter Yanagi Hidenao zieht resümee über die deutsch-japanischen Beziehungen (Foto: Screenshot)

In der Talkshow „diplo.international“ (TV Berlin) sprach Botschafter Yanagi Hidenao über die grundsätzlich guten, aber nicht immer einfachen Beziehungen beider Länder.

Hidenao findet, dass das deutsche Interesse an Japan in den vergangenen zwanzig Jahren zurückgefallen sei, zumindest bis zur Pandemie. Deutschland sei mehr an China interessiert gewesen. Das habe man in der Wirtschaft und in der Medienberichterstattung festgestellt.

 

Als Wertepartner wieder anerkannt

„Erst mit der Pandemie und mit dem russischen Angriff auf die Ukraine haben uns die Deutschen als Wertepartner wieder erkannt. Wir teilen die gleichen Werte bei Demokratie, Menschenrechten und Marktwirtschaft. Erst seit zweieinhalb, drei Jahren ist das Verhältnis viel enger als zuvor. Darüber freuen wir uns heute. Die letzten 15 Jahre bis zur Pandemie waren jedenfalls beklagenswert.“

 

Deutsche Kritik am AKW-Betrieb

Vor allem nach dem großen Erdbeben sei Japan von deutschen Medien stark kritisiert worden, weil es die Atomkraftwerke weiter betreibe. Aber heute habe man auch in Deutschland verstanden, dass die Lage in Japan ganz anders sei als die Lage in Deutschland. „Wir sind ein Inselstaat. Wir sind nicht mit Pipelines oder sonstigen Leitungen mit anderen Ländern verbunden. Wir sind leider auch nicht wie Deutschland von freundlichen Staaten umgeben, die uns im Notfall versorgen würden. Die geografische Lage Japans ist eben ganz anders als die Deutschlands.“

 

Immer weniger Korrespondenten

Gefragt nach dem medialen Interesse an Deutschland bei abnehmender Zahl von japanischen Korrespondenten in Deutschland sagte Hidenao: „Es stimmt, die Zahl der Korrespondenten japanischer Medien hat sich in den letzten 15 Jahren fast halbiert.“ Die Situation mit den Korrespondenten sei kompliziert. In kleinen und mittleren europäischen Ländern verringere sich die Zahl der Korrespondenten. Es werde immer schwieriger, dass ein Korrespondent nur aus einem Land berichte. Immer weniger Journalisten müssten immer mehr Ereignisse verfolgen.

„Die Korrespondenten müssen zunehmend auch aus anderen Ländern berichten, zum Beispiel von Deutschland aus über die Ukraine. Sie verfolgen die Entwicklung in der Ukraine und müssen dort auch hinfahren.“

Das Hauptinteresse japanischer Korrespondenten gelte nicht unbedingt die Wirtschaft, sondern eher der Innen- und Außenpolitik sowie gesellschaftlichen Themen.

Tokio versus Berlin

Hidenao verglich die beiden Hauptstädte, die seit genau dreißig Jahren durch eine Städtepartnerschaft verbunden seien. Die Zehn-Millionen-Metropole Tokio müsse mit dem Platz des alten West-Berlins auskommen, Berlin mit weniger Einwohnern sei viel geräumiger und grüner. In ganz Japan lebten die 125 Millionen Einwohner dicht gedrängt. Der Anteil der Ausländer in Japan betrage nur etwa drei Prozent, daher sei Tokio bei weitem nicht so international wie Berlin.

Die japanische Community in ganz Deutschland umfasst 42.000 Menschen, 13.000 davon allein in Nordrhein-Westfalen, wo sich die Landeshauptstadt Düsseldorf seit langem zum Zentrum der japanischen Wirtschaft in Deutschland entwickelt hat.

 

Ewald König